Ansichten der Gartenstadt

Auf einer Fläche von rund 1 km² plante Karl Barth die Kolonie Neu-Rössen als Gartenstadt mit einem differenzierten Straßen- und Wegesystem, zahlreichen Plätzen und einer an die urbanen Räume angepaßten Begrünung.

Die Straßen im Wohngebiet hat Karl Barth in öffentliche Durchfahrtsstraßen und private Wohnstraßen des Ammoniakwerkes unterteilt. Die Merseburger und die Spergauer Straße in Nord-Süd-Richtung sowie die Pfalzstraße (heute Walter-Bauer-Straße) in Ost-West-Richtung bilden die Hauptachsen Neu-Rössens. Dazwischen entfaltet sich das unregelmäßige Raster aus Privatstraßen, welches die Wohnquartiere untereinander und mit dem Werk verbindet.

Ihre Namen erhielten die Straßen und Plätze erst im Jahr 1926. Bis dahin trugen die Straßen nur Nummern. Einige Straßennahmen haben sich im Lauf der Geschichte mehrfach geändert, z. B. hieß die Mittelstraße ab 1941 Carl-Bosch-Straße, 1948 wieder Mittelstraße und ab 1958 Albert-Einstein-Straße. Zu Ehren von Karl Barth wurde eine neue Straße im Süden der Gartenstadt 1997 nach ihm benannt. Die Geschichte der Straßennamen wird im Heimatgeschichtlichen Beitrag 2/2004 „Die Entwicklung des Leunaer Straßennetzes bis 2004“ von Dr. Ralf Schade erzählt.

Die Quartiere werden von einem Schlippensystem (schmale Fußwege zwischen den Gärten) durchzogen. an den Wegkreuzungen befinden sich die „Tummelplätze“ mit Sitzgelegenheiten oder Spielplätzen unter den Schatten spendenden Linden.

Barth plante für die von 1917 bis 1927 errichtete und in den 1930-er Jahren südlich der Liebigstraße und Rosenstraße erweiterte Werkssiedlung kein Stadtzentrum. Die dezentrale Anordnung der Geschäfte und öffentlichen Gebäude sollte der Gartenstadt einen ländlichen Charakter geben.

Für die Gestaltung der Gebäude wählte Barth eine facettenreiche Architektur, stark inspiriert von den Siedlungsbauten in seiner Pfälzer Heimat. Die ca. 80 Haustypen der Kolonie Neu-Rössen haben mit ihren barocken, klassizistischen und Jugendstilelementen eine wohldosierte Formensprache. Auffallend ist die Wiederkehr einzelner Fassadendetails: Klappläden und profilierte Werksteinsohlbänke an den Fenstern, Haupt- und Traufgesims, Säulen und Pilaster an den Villen oder ein Ornament über dem Hauseingang.