Barths Ideen für die Gartenstadt
Das Wohnen in der Gartenstadt Leuna sollte den Werksangehörigen eine Balance zwischen Industrie, Natur und Kultur ermöglichen und sie dauerhaft am Standort halten:
„Für die Industrie ist es von größter Wichtigkeit, die Wohnkolonien immer weiter auszubauen, um durch Ansiedlung dem ständigen Arbeiterwechsel Einhalt zu gebieten, die Leute durch den Besitz eines eigenen Hauses mit Garten mehr an das Werk zu binden und dadurch den Heimatsinn zu bilden und zu pflegen. Erfahrungsgemäß sind auf solche Weise untergebrachte Arbeiter zufriedener, als wenn sie im Winter stundenlang in, unter Umständen wegen Kohlemangel ungeheizten, Zügen sitzen, sich Krankheiten zuziehen und größtenteils in minderwertigen und ungesunden Notwohnungen hausen müssen. (…)“ (Karl Barth, 1922)
Das Wohnen in der Gartenstadt am Werk war ein Privileg, das mit dem Ausscheiden aus dem Betrieb endete. Die in Rente stehenden ehemaligen Mitarbeiter zogen dann in Werkswohnungen in der näheren Umgebung Leunas um. Mit den komplizierten Produktionsverfahren war es für die BASF wichtig, dass die spezifisch ausgebildeten Fachleute langfristig am Standort und damit auch abrufbar blieben.
Bei der Konzeption der Gartenstadt berücksichtigte Barth den künftigen Siedlungsalltag vom Arbeitsweg über die Freizeitgestaltung am Abend bis zum Familienleben am Wochenende. Im Wohngebiet sollten nach seinen Plänen nicht nur Arbeiter, sondern auch Meister, Angestellte und Akademiker zu Hause sein und eine Gemeinschaft bilden. Die Wohnhäuser unterschied Barth in Einzel-, Doppel-, Reihen und Gruppenhäuser mit höchstens zwei Stockwerken. Nahe dem Werk wurden die Häuser für die im Havariefall unabdingbaren Arbeiter und Meister gebaut. Innerhalb der Siedlung mischte Barth die Haustypen. An den zeitweise lärmbelasteten Durchfahrtsstraßen stehen überwiegend die kleinen Reihenhäuser der Arbeiter und Meister. In den ruhigeren Siedlungsgebieten plante Barth größere Einzel- und Doppelhäuser für die höheren Angestellten und Akademiker. Die Villen in den Straßen entlang des hohen Saaleufers blieben den Direktoren und Leitern des Ammoniakwerkes vorbehalten.